Grundbegriffe zum Verstehen und Vermitteln von „Rikudej Am“ für Madrichim und Madrichot
Einleitung:
Der israelische Volkstanz ist ein besonderer Teil der jüdischen und der israelischen Kultur. Er ist ein wichtiger Faktor in der Zusammenführung der verschiedenen ethnischen Gruppen, die die Gesellschaft Israels prägen.
Die israelischen Volkstänze sind ein kultureller Bestandteil, den es zu pflegen gilt. Einer der Wege zur Pflege dieses Gutes und seiner Fortführung ist das Setzen der Grundlagen schon in jungen Jahren. Wenn Du beschlossen hast, in Deiner Arbeit als Madrich/ Madricha den Tanz als gesellschaftlich-erzieherisches Mittel einzusetzen, solltest Du Dir seiner großen Bedeutung im Klaren sein. Der Tanz ist aber trotz allem ein lustiges und freudebringendes Element und die Freude besteht auch in der Bewegung mit allen – Gleicher unter Gleichen.
Eines der Ziele ist es, alle Chanichim und Chanichot zum Tanzen zu motivieren und das Gefühl zu vermitteln, dass der Tanz von Herzen kommt und nicht nur ein Teil des Erlernens ist. Ein guter Madrich/ eine gute Madricha muss die Grundlagen kennen und können. Man muss von der Wahl des Mittels überzeugt sein und dies mit ganzem Herzen vermitteln. Das Auftreten ist sehr wichtig, nicht nur in diesem Zusammenhang. Man sollte sicher und angenehm auftreten und nicht arrogant, eingebildet und befehlend wirken. Man sollte eine angemessene Sprache sprechen und wenn möglich mit etwas Humor gepaart.
Wenn Du als Madrich / als Madricha israelische Volkstänze, also „Rikudej Am“ unterrichten lernen möchtest, solltest Du wissen, dass es sich hierbei um einen Beruf, einen Nebenberuf oder eine Freizeitaktivität handelt und dass diese aus mehreren Gründen mit der Übernahme von viel Verantwortung zusammenhängen:
A. Sinn und Bedeutung:
- Du beschäftigst Dich beim Lehren von „Rikudej Am“ mit der Vermittlung von Kultur. Diese entwickelt und verändert sich in Israel tagtäglich und hierbei kannst Du dazu beitragen.
- Diese Aktivität hat nationale Bedeutung in Israel, denn durch die Verbreitung der israelischen Volkstänze wird die Integration der verschiedenen in Israel aufeinandertreffenden Kulturen aus der Diaspora gefördert und trägt so zur Schaffung einer gemeinsamen Identität bei.
- Volkstänze sind ein sozial-pädagogisches Mittel, um grundlegende Erlebnisse und Empfindungen der kulturellen Zusammengehörigkeit durch organisiertes gemeinsames Tanzen zu vermitteln.
- Zusammenfassend:
- die Beschäftigung basiert auf Freude durch die Möglichkeit zur individuellen rhythmischen Bewegung
- wichtig ist der Spaß am Zusammensein mit Gleichaltrigen
- bereichernd ist die Möglichkeit zur Selbstentfaltung und zu persönlichem Ausdruck
B. Wie sollte ein Tanzmadrich/ eine Tanzmadricha sein ?:
- Freude an israelischer Musik und Tanz haben
- kontaktfreudig sein
- Geduld haben
- führen können, ohne autoritär zu sein
- vorurteilsfrei sein
- bestimmt und sicher auftreten
- motivieren können
- pünktlich und verantwortungsbewusst sein
C. Was sind die Aufgaben eines Tanzmadrichs/ der Tanzmadricha?
- Der Madrich/ die Madricha soll zwar zur Gruppe dazugehören aber gleichzeitig ein Vorbild sein. Gutes Benehmen, deutliches, lautes und langsames Sprechen und eine angenehme Erscheinung stärken die autoritäre Haltung.
- Man muss die Teilnehmenden aktivieren und motivieren und eine gute und freundliche Stimmung schaffen können. Er sollte dabei erreichen, dass die Kinder freundschaftlich miteinander umgehen.
- Man sollte alle Teilnehmenden zum Mitmachen ermutigen, auch die Schüchternen, aber persönliche Bemerkungen vermeiden und alle gleich behandeln.
- Man muss immer gut vorbereitet sein, d.h. einen Plan für die Aktivität aufstellen, ihn jedoch der Gruppe anpassen, also nicht zu lange unterrichten und kurze Hilfen zwischendurch geben
D. Wie soll die „Hadracha“ aussehen?
- Wichtig ist eine gute Vorbereitung, d.h. der Madrich / die Madricha muss wissen, wie man den Tanz zählt, wie viele Teile er hat und er muss bereit sein, den Tanz leichter zu machen oder einen anderen zu nehmen (also immer mehr Tänze als nötig vorbereiten)
- Der Tanz wird in Teile aufgeteilt und die Schritte des ersten Teils werden nacheinander erklärt und wiederholt, zuerst ohne Musik dann mit. Auf die gleiche Weise werden die anderen Teile des Tanzes erklärt. Sehr wichtig ist dabei die Verknüpfung der Teile miteinander. Während der Lehrphase ist ein ständiges Wechseln der Position im Kreis unabdinglich.
- Es ist wichtig, die schwächeren Chanichim/ Chanichot zu beobachten und dort Hilfestellung zu leisten z.B. im Kreis entweder neben oder vor ihnen stehen. Dies sollte jedoch unauffällig geschehen, damit das Kind nicht das Gefühl hat, dass es das Einzige ist, der die Schritte nicht beherrscht. So wird bei dem Chanich/ der Chanicha die Lust am Tanzen erhalten bleiben. Um ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu bewirken, sollten sich die Kinder so lange und so oft wie möglich an den Händen halten.
- Man muss flexibel sein und erkennen, inwieweit die Chanichim/ Chanichot noch aufnahmefähig sind. Gegebenenfalls sollten an einem bestimmten Punkt keine neuen Tänze gelehrt, sondern die bereits erlernten wiederholt werden.
E. Planung verschiedener Themen und Tänze
Kreistänze mit einfachen Schritten (Laufen, Rennen, Springen)
Beispiel: Nigun Atik, Hora Hedera, We Ahawta Lere’acha, Debka Kafrit
Durchführung:
Man stellt die Gruppe in einen Kreis, tanzt die Schritte vor und lädt alle zum Tanzen ein. Hat der Tanz mehrere Teile, dann zeigt man sie einzeln und lässt sie auch einzeln nachtanzen. Zwischen den einzelnen Teilen muss nicht viel erklärt werden, das Lernen findet hauptsächlich durch Nachahmung statt. Der Madrich/ die Madricha wechselt den Platz innerhalb des Kreises und versucht, sich neben diejenigen zu stellen, die Schwierigkeiten haben
Reihentänze mit einfachen Schritten, die man sofort tanzen kann
Beispiel: Noladeti Laschalom, Harakewet, Tfilla, Ten Li Et Hajom Hase
Durchführung:
Die Teilnehmenden sind über die Tanzfläche verteilt. Am Anfang steht der Madrich/ die Madricha vor den Teilnehmenden, man ist ihr „Spiegelbild“. Haben sie die Grundschritte verstanden, dreht man sich um und tanzt mit dem Rücken zur Gruppe in der gleichen Position wie die Chanichim/ Chanichot.
Paartänze:
Beispiel: Ahawa Pschuta, Wedavid Jaffe Ejnaim, Adama Admati, Bim Bam Bom
Durchführung:
Erwünscht ist es, mit einem Partner/ einer Partnerin zu tanzen. Sind komplizierte Schritte in den Tanz eingebunden, so empfiehlt es sich, ihn zuerst im Kreis vorzuzeigen.
F. Lehr- und Lernprinzipien
- Einfache und klare Erklärung in angenehmer Sprache und mit ein bisschen Humor (nicht bitterernst).
- Persönliches Vorbild in der Liebe zum Tanzen darstellen.
- Aktive Integration der Madrichim/ Madrichot in die Gruppe und ständiges Mitmachen des Tanzmadrichs/ der Tanzmadricha.
- Die Chanichim/ Chanichot durchgehend bestärken und besonders den „Schwächeren“ Komplimente machen.
- Die Musik auf eine angenehme Lautstärke, aber nicht zu laut, stellen.
Erhalten die Teilnehmenden das Gefühl von Sicherheit und Erfolg, und dass sie vom Madrich/ von der Madricha gemocht wird, sind sie bereit, dem Vorbild zu folgen und motiviert mitzutanzen.
G. Das Aussuchen der richtigen Tänze
Man kann die Tänze nach verschiedenen Kriterien aussuchen:
- Art der Tänze:
- Kreis z.B. Hora Hedera
- Reihe z.B. Tfilla
- Paare z.B. Wedavid Jaffe Ejnaim
- Schwierigkeitsgrad des Tanzes:
- einfach z.B. Nigun Atik
- mittel z.B. Ahawat Chajalim
- schwer z.B. Haroa Haktana
- Inhalt und Absicht:
- Tanz für Feiertag z.B. über Jerusalem
- Tanz für Schabbat z.B. Halleluja, We Ahawta Lere’acha
- Ursprung der Tänze
- Slawisch z.B. Karabutschka
- Orientalisch z.B. Debka Kafrit
- Chassidisch z.B. Kleysmer
- Art der Schritte
- Einfach bis schwer
- langsam/schnell
H. Die verschiedenen Methoden zur Vermittlung von Volkstänzen:
Direkte Methode
Einfache Tänze:
Diese Methode wendet man in den meisten Fällen an. Sie ist direkt und offen. Die Tilnehmenden stehen in der Formation des Tanzes (Kreis, Reihe oder Paare). Man tanzt den Tanz vor und alle lernen und tanzen durch Beobachtung und Imitation.
Schwierige Tänze:
Man tanzt den Tanz ganz vor. Dann erklärt man den ersten Teil des Tanzes, verlangsamt die Bewegung und erleichtert so die Lernphase. Der Madrich/ die Madricha tanzt und gibt den Chanichim/ Chanichot die Möglichkeit ihn zu imitieren, motiviert auch durch kurze Erklärungen während des Tanzes. Mit Hilfe der gleichen Methode erklärt man den zweiten Teil. Nun wiederholt man beide Teile und besonders den Übergang von dem einen zum anderen Teil. Zum Schluss verfeinert man noch die Körperhaltung, Bewegung der Hände und den Stil.
Indirekte Methode
Diese Methode soll verhindern, dass Chanichim/ Chanichot, die den Tanz schon kennen, ihn sofort erkennen und nicht mitmachen wollen. Dadurch wird denjenigen, die ihn nicht kennen, die Möglichkeit gegeben ihn „ungestört“ zu erlernen. Der Madrich/ die Madricha lehrt neue Schritte mit musikalischer Begleitung d.h. mit dem dazugehörigen Rhythmus. Nachdem die Teilnehmenden die Schritte erlernt haben, wird der Tanz mit seiner Originalmusik durchgetanzt. Der Madrich/ die Madricha muss sich für die Tanzaktivität gründlich vorbereiten und alle Methoden abwägen, die ihm zur Verfügung stehen.