Juli Edelstein und das kleine Chanukkalicht
Es war am 19. Dezember 1984. Der Tag, an dem Juli Edelstein als „Assir Zion“ zu drei Jahren Zwangsarbeit in einem sibirischen Lager verurteilt wurde. Die „Assirej Zion“ – auf Deutsch „Die Gefangenen Zions“ waren Juden, denen die sowjetische Regierung nicht erlaubte, das Land zu verlassen, um nach Israel zu gehen.
Julis offizielle Straftat hieß „Drogenbesitz“, aber der wahre Grund für seine Verurteilung war, dass er einen Antrag gestellt hatte, nach Israel auszuwandern und dass er anderen Zionisten Hebräischunterricht gab.
„Das war drei Monate, nachdem ich in Einzelhaft war“, erzählt Edelstein. „Ich kam in den Gerichtssaal, um mein Urteil anzuhören. Der Saal war voll mit Polizisten und Sicherheitsbeamten, sodass kein Platz mehr für Familienangehörige war. Außer meiner Frau, die ich seit drei Monaten nicht mehr gesehen hatte, und meiner Mutter, gelang es niemanden, hineinzukommen.“ Nach der Urteilsverkündung wurde ich sofort von Polizisten umringt, die mich aus dem Saal zerrten. Ich hatte aber nur einen Gedanken im Kopf: „Tanja, welche Kerze zündet man heute?“ schrie ich meiner Frau über die Köpfe der Sicherheitsbeamten hinweg zu. In der Einzelhaft hatte ich mir nämlich ausgerechnet, dass jetzt Chanukka sein musste. Alle – auch meine Frau - dachten, ich sei verrückt geworden. „Welche Kerze ist heute?“ brüllte ich noch einmal.
„Zweite Kerze!“, rief meine Frau zurück, als sie endlich verstand, was ich wollte.
An diesem Abend, als ich mit den anderen Häftlingen in einer Zelle saß, gelang es mir, zwei Streichhölzer aufzutreiben. Ich stellte mich an das vergitterte Fenster, zündete die Streichhölzer an, und betete aus ganzem Herzen:
„Baruch Ata Adonaj Elohejnu Melech Ha’olam, sche’assa nissim la’awotejnu, bajamim hahem uwasman hase.“
„Gelobt seist Du, Ewiger, unser G’’tt, König der Welt, der Wundertaten vollbrachte an unseren Vätern in jenen Tagen zu dieser Zeit.“
Als die Streichhölzer meine Finger versengten, wusste ich nicht, ob mein Anzünden der „Chanukka-Kerzen“ koscher und nach den Vorschriften war, aber eines wusste ich: Für mich war ein kleines Licht in die große Dunkelheit getreten.“
Juli Edelstein ist heute der Vorsitzende der Knesset, dem israelischen Parlament
Juli-Joel Edelstein wurde am 5. August 1958 in Czernowitz in der Ukraine geboren. Er stammt aus einer jüdischen Familie, allerdings konvertierten seine Eltern zum Christentum und sein Vater wurde sogar Pfarrer! Juli wollte Sprachen studieren, wurde aber aufgrund seines jüdischen Glaubens abgelehnt und studierte stattdessen auf Lehramt. Im Jahre 1979 stellte Juli Edelstein seinen Antrag zur Auswanderung nach Israel, der Antrag wurde jedoch zurückgewiesen und Juli zog nach Moskau, wo er sich einer Gruppe Zionisten anschloss, die Hebräisch lernten. Später unterrichtete er selbst im Untergrund Hebräisch. Aufgrund seiner zionistischen Aktivitäten, erhielt Juli keine Anstellung als Lehrer.
1984 wurde Juli vom KGB festgenommen und zu drei Jahren Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt. Während der schrecklichen Zeit im Gulag wurde Juli schwer verletzt und blieb behindert.
1987 gelang es ihm endlich, gemeinsam mit seiner Familie, nach Israel einzuwandern.
Heute ist Juli Edelstein Vorsitzender der Knesset und Knesset Abgeordneter der Likud-Partei. In den Jahren davor war er Minister für Einwanderung und später Minister für Öffentlichkeitsarbeit und Diaspora in der israelischen Regierung.