"Ein Licht für Andy" oder „Dr. Mitzwa und das Wunder“
Schon über eine Woche hatte man Dr. Mitzwa nun schon nicht gesehen. Seine Patienten suchten ihn, seine Post stapelte sich und sein Telefon klingelte ununterbrochen. Alles was Frau Goldberg, seine Helferin, sagte, war, dass der Doktor beschäftigt sei und nicht gestört werden dürfe.
Viele wunderten sich, vor allem Sarah und Joey fragten sich, wo er denn wohl sei und was er machte. Eigentlich war es nicht seine Art, sich zu verstecken. Joey war überzeugt, dass er irgendetwas Wichtiges tut, denn er hatte Dr. Mitzwa in das Haus der Familie Meisterfeld, das außerhalb der Stadt lag, gehen sehen.
Andy Meisterfeld, der Sohn, sollte eigentlich mit Sarah, Yoel, Seffy und David in einer Klasse sein. Aber Andy war blind und lernte zuhause. Er hatte Privatlehrer, besondere Betreuer und sein eigenes Pony. Jetzt aber hatte Andy ein Problem, weswegen Herr Meisterfeld Dr. Mitzwa zu sich gerufen hatte. Es war klar, dass Dr. Mitzwa Andys Augen nicht heilen konnte, aber vielleicht konnte er trotzdem weiterhelfen. Herr Meisterfeld erzählte Dr. Mitzwa, dass Andy gelernt hatte, dass es eine Mitzwa sei, die Lichter der Chanukkakerzen zu sehen. Nun bestand er darauf, dass er sie sehen wolle. Er wollte keine Chanukkageschenke, keine Party, alles, was er wollte, war die Chanukkalichter zu sehen. Er war fest davon überzeugt, dass er sein eigenes privates Chanukkawunder erleben werde.
Andys Vater war verzweifelt. So ein hartnäckiger Junge! Er hörte auf niemanden! Ob Dr. Mitzwa wohl helfen könnte? Herr Meisterfeld hoffte, dass Dr. Mitzwa dem Jungen vielleicht erklären könne, dass die Lichter nicht so wichtig seien, und dass man den Feiertag auch ohne Lichter feiern konnte.
Dr. Mitzwa hörte aufmerksam zu und erklärte schließlich dem Vater, dass die Lichter an Chanukka sehr wichtig seien - ohne sie gäbe es kein Chanukka. Daher bat er um Bedenkzeit. Am gleichen Tag ging Dr. Mitzwa an die Arbeit. Er kaufte Schläuche, Schrauben und Bolzen. Er kaufte goldene Farbe, Pinsel und Metallventile. Dann schloss er sich in seiner Werkstatt ein und nahm weder Anrufe entgegen, noch besuchte er Patienten, nur wenn es ein Notfall war. Einen Tag vor Chanukka fuhr er zum Haus der Meisterfelds mit einem vollgepackten Wagen. Als er zurückkam, sah er Joey, David, Seffy und Sarah auf einer Bank in seinem Hof sitzen. Er freute sich, sie zu sehen, denn er hatte Mühe gehabt, die Gegenstände zu transportieren, und er hatte noch viel mehr zu bringen. Also bat er die Kinder um ihre Hilfe. Auch Seffys Vater unterstützte sie, indem er die Pakete, die Kinder und Dr. Mitzwa in seinem Transporter zum Haus der Familie Meisterfeld chauffierte.
Die Kinder wollten gerne mit hinein, aber Dr. Mitzwa fragte sie zunächst, ob sie denn Andy jemals besucht hatten. Auf die Frage hin schwiegen sie. Es wäre nämlich sehr schön, wenn er mehr Gesellschaft hätte, meinte er. Und er hoffte, dass dies der Anfang von vielen weiteren Besuchen sein würde.
So gingen die Kinder hinein, begrüßten Andy und setzten sich hin, um Dr. Mitzwa beim Auspacken zuzusehen. In den Paketen befanden sich lange, goldfarbene Schläuche und ganz viele Kleinteile, insgesamt waren es 41 Teile. Die Kinder fragten sich, was Dr. Mitzwa wohl mit all diesen Schläuchen vorhabe. Sally rief, dass er bestimmt eine Chanukkia bauen wolle, was Dr. Mitzwa grinsend bejahte. Auch Andy war schon sehr ungeduldig. Und Dr. Mitzwa ging an die Arbeit. Er packte eine große Skizze aus und begann, die Teile zusammenzubauen. Es war, als ob er ein dreidimensionales Puzzle zusammensetzen würde. Am Ende hatte er alle 41 Teile miteinander verbunden. Das Ergebnis war eine Chanukkia, die fast einen Meter hoch und 1,30 m breit war. Andy begann, die Chanukkia zu ertasten.
“Eine ganz schön große Menora”, sagte er und lächelte.
“Ja, das kommt daher, dass Chanukka die Geschichte eines ganz schön großen Wunders ist”, sagte Dr. Mitzwa. “Als die hellenistischen Griechen und Syrer das Land Israel besetzten, sollten auch die Juden wie die Griechen werden. Diese waren nämlich davon überzeugt, dass ihre Kultur gut und richtig war und dass das, was die Juden taten, nämlich die Gesetze der Tora zu befolgen, falsch war. Immerhin waren die Griechen doch die zivilisiertesten Menschen auf der Welt!”
Dr. Mitzwa erzählte weiter, dass viele Juden dem zustimmten, aber viele andere, wie die Makkabäer, den Regeln der Griechen nicht folgen wollten. Sie waren gläubige und hartnäckige Menschen, die G‘tt und seiner Tora gegenüber loyal waren. Sie stellten sich sogar gegen die griechisch-syrische Arme. Aber weil G‘tt ihnen half, gelang es ihnen, die Griechen aus Jeruschalaim zu vertreiben. Und dann geschah ein Wunder. Die Juden fanden im Heiligen Tempel in Jeruschalaim ein Kännchen Öl, zündeten die Menora an und waren überzeugt, dass ihre Lichter nur einen Tag brennen würden. Aber, oh Wunder, die Menora brannte ganze acht Tage! Genug Zeit, um neues Öl zu pressen und nach Jeruschalaim zu bringen. “Seht ihr?”, meinte Dr. Mitzwa, “manchmal lohnt es sich, hartnäckig zu sein.” “So wie ich”, sagte Andy mit einem großen Lächeln. “So wie du und das jüdische Volk”, sagte Joey. Aber wie sollte Andy nun das Licht sehen, fragten sich die Kinder. Dr. Mitzwa bat die Kinder um Geduld bis Chanukka, dann würde sie es herausfinden.
Am letzten Abend von Chanukka waren alle ins Haus der Meisterfelds eingeladen. Die Chanukkia stand in der Mitte des Raumes und Herr Meisterfeld zündete acht dicke hohe Kerzen an. Er sprach die Gebete und alle antworteten mit Amen. Plötzlich bewegte sich Andy auf die Chanukkia zu. Er streckte seine Arme nach vorne und hielt seine Hände den Flammen entgegen. Die Wärme der Kerzen erreichte sein Gesicht und ihr Licht schien in seinen Augen, die nicht sehen konnten.
“Wisst ihr”, sagte er, “es fühlt sich an, als ob ich die Chanukkalichter wirklich sehen kann. Ich fühle sie auf meinem Gesicht und stelle sie mir in meinem Kopf vor. Ich höre sie flackern. Sie flackern und flackern und werden nie ausgehen. Vielleicht werde ich sie eines Tages mit meinen Augen sehen, so wie ihr. Wenn wir hartnäckig sind und glauben, wird G‘tt uns helfen, egal, was die anderen sagen. Er bringt Licht in die Dunkelheit und vollbringt Wunder, und das bis heute!”
"Amen", flüsterte Dr. Mitzwa.
- Welches Wunder erlebten Andy und seine Freunde?
- Wie konnte „das Wunder“ stattfinden?
Denke dir eine Mitzwa aus, die für jemand anderen, eine Art Wunder ist, und führe sie aus.
Quelle: www.aish.com