Choni Hame’agel (Choni der Kreiszieher)
Hallo Kinder,
alle nennen mich Choni Hame’agel. Bestimmt habt ihr schon von mir gehört. Nein? Oh, das überrascht mich aber. Achtung! Tretet nicht in den Matsch. Gestern hatten wir einen Regensturm hier und alles ist überflutet.
Also, obwohl einige von euch mich nicht kennen, bin ich in den Bergen von Jehuda sehr bekannt. Wir schreiben jetzt das 1. Jahrhundert vor der Zeitrechnung und ich gehöre zu der Gelehrtengruppe der Tanna’im. Manche halten mich für einen Wundermacher mit einer direkten Leitung zu G’tt. Vielleicht bin ich das, vielleicht auch nicht … Aber eines ist sicher, ich bin dafür berühmt, dass ich Sachen hinkriege
Nun, um endlich zur Hauptsache zu kommen, wir hatten eine schreckliche Dürre im Land. Es gab keine Ernte und die Menschen waren durstig und hungrig zugleich. Also kamen sie zu mir und flehten: „Bete, dass Regen fällt“ (Mischna, Ta’anit 3:8). Ich war ziemlich sicher, dass ich Regen bringen würde, also betete ich um Regen. Und wisst ihr, was geschah? Nichts!! Alle Leute standen um mich herum und warteten auf Regen, aber nichts geschah!! Es war einfach nur peinlich. Ich wollte G’tt zeigen, wie ernst die Lage war. Also zeichnete ich einen großen Kreis auf den Boden und stellte mich in seine Mitte. Ich sagte zu G’tt: „Oh, G’tt, Herr der Welt, deine Kinder haben dich um Hilfe gebeten, weil sie mich für einen Sohn von dir halten. Ich schwöre bei deinem großen Namen, dass ich nicht aus diesem Kreis hinaustreten werde, bis du Mitleid mit deinen Kindern hast.“ Plötzlich fing es an zu regnen. Ein Tropfen nach dem anderen kam langsam vom Himmel herab. Ich sagte: „Nicht um so einen Regen habe ich gebeten! Ich habe um richtigen Regen gebeten, der die Brunnen und die Zisternen füllt! Ein gesegneter Regen, ein Regen der Gnade und der Barmherzigkeit!“ Dann regnete es richtig los. Ha! Was für ein Regen! Es wollte gar nicht mehr aufhören zu regnen. Da kamen die Leute zu mir und flehten mich an, darum zu beten, dass der Regen aufhört. Die Dürre sei nun vorbei. Nun, der Mensch ist ja niemals zufrieden.“
Eines Tages wanderte ich auf einer Landstrasse und sah einen alten Mann, der einen Johannisbrotbaum pflanzte. Ich fragte ihn: „Wie lange dauert es, bis dieser Baum Früchte trägt?“ „70 Jahre“, antwortete der Mann. „Glaubst du denn, dass du noch weitere 70 Jahre lebst?“ „Nein, mein Herr, ich weiß, dass ich alt bin und die Früchte dieses Baumes niemals essen werde. Allerdings, als ich auf die Welt kam, fand ich heraus, dass meine Vorväter Johannisbrotbäume für mich gepflanzt hatten. Jedesmal wenn ich von deren Früchten esse, erinnere ich mich an meine Vorfahren und segne sie. Und jetzt pflanze ich Bäume für meine Kinder, damit sie sich an mich erinnern und Bäume für ihre Kinder pflanzen.“
Ich setzte mich unter einen benachbarten Baum, um etwas zu essen. Nach dem Mahl wurde ich furchtbar müde und schlief ein. Als ich erwachte, sah ich einen Mann, der herrliche Früchte von dem Johannisbrotbaum pflückte. „Bist du der Mann, der diesen Baum gepflanzt hat?“ fragte ich. „Ich bin sein Enkelsohn“, antwortet der Mann, also wusste ich, dass ich 70 Jahre lang geschlafen hatte. Ich erinnerte mich an die Worte des alten Mannes. „Dein Großvater war ein guter und kluger Mann: Er sagte mir vor 70 Jahren, dass du die Früchte dieses Baumes genießen und ihn dafür segnen wirst.“ Ich ging nach Hause und stellte fest, dass mein Sohn leider gestorben war, dass ich aber einen Enkelsohn hatte. „Ich bin Choni Hame’agel“, erklärte ich meinem Enkel und jedem, den ich traf. Aber keiner wollte mir glauben. Sogar in der Synagoge glaubte mir kein Mensch, dass ich der berühmte Choni war. Ich wurde sehr traurig und hatte keine Lust mehr zu leben. Also bat ich G’tt darum, mich sterben zu lassen.