Von der Mauer der Tränen zu der Mauer der Freude – „Bejn Hamezarim"
Bei diesem Projekt werden die historischen Ereignisse in der Trauerzeit vom 17. Tamuz bis zum 9. Aw erlernt und ein Bezug zu den Gefühlen der Trauer und des Glücks sowohl auf individueller als auch auf gemeinschaftlicher Ebene hergestellt.
- Plakate mit Daten und eines mit der Bezeichnung „Bejn Hamezarim“
- Leere Blätter
- Schreibutensilien (genug für alle)
- Tafel oder Flipchart
- Text für Stufe 4 und 5 (siehe Materialien)
- Ein jüdischer Kalender
1. Stufe (Dauer ca. 5 min):
Der Madrich/die Madricha erklärt die Ziele dieser Aktivität und erzählt den Teilnehmenden, dass der Zeitraum zwischen dem 17. Tamuz und dem 9. Aw „Bejn Hamezarim“ genannt wird. Dieser Zeitraum kann mit einem Kalender oder einem Poster, auf dem die Daten stehen, illustrieren werden und den Begriff sollte übersetzen bzw. erklären werden. Dazu kann man die Definitionen aus einem Wörterbuch zu Hilfe nehmen.
Nachfolgend einige Erklärungen:
- Mezar = ein enger Platz oder Landstreifen zwischen zwei Seen, z. B. Mezarej Tiran
- „Zarah“ = Trauer, Unglück, Betrübnis
- „Zukkah“ = Angst, Qual, Unglück, Trauer
- „Bimzukka“ = Mit einem Gefühl der Angst, der Qual, der Anspannung
Gemeinsam wird über den Begriff gesprochen und die metaphorische Wirkung aufgezeigt
2. Stufe (Dauer ca. 25 min):
Es werden Gruppen mit bis zu 4 Teilnehmenden gebildet. Diesen Gruppen wird nun erklärt, dass es in unserem Leben Zeiten der Freude, des Glücks und der Zufriedenheit gibt, aber auch Zeiten der Trauer, der Betrübnis und der Angst. Jede Gruppe soll 3 bis 4 Ereignisse in ihrem persönlichen Leben aufschreiben (jede Person für sich), die sie glücklich, erfreut und zufrieden fühlen ließen und danach folgende Fragen beantworten und anschließend in der Kleingruppe besprechen:
- Welche Bedeutung haben solche Ereignisse für die Menschen?
- Wie fühlt es sich an/ wo spürt man die Gefühle?
- Was tun die Menschen bei einer solchen Gelegenheiten?
Jede Gruppe soll nun 3 oder 4 Ereignisse, die sie traurig, ängstlich und betrübt gemacht hat, aufschreiben (jede Person für sich) und die gleichen Fragen wie oben beantworten und anschließend in der Kleingruppe besprechen.
Anschließend sollen die Gruppen 3 – 4 Ereignisse im Leben des jüdischen Volkes früher oder heute gemeinsam aufschreiben, die sie hat glücklich, erfreut und zufrieden fühlen lassen.
- Welche Bedeutung hatten diese Ereignisse für die Mitglieder des jüdischen Volkes?
- Was tun diese Menschen bei solchen Ereignissen. Warum reagieren sie so?
Die gleichen Fragen sollen nun zu Ereignissen im Leben des jüdischen Volkes, die es traurig und ängstlich gemacht hat, beantwortet werden.
3. Stufe (Dauer ca. 15 min):
Jede Gruppe liest nun die Antworten, die sie zu den o.g. Fragen geschrieben hat, vor und der Madrich/die Madricha schreibt sie in Stichworten an eine Tafel oder Flipchart. Dabei werden die Fragen unterstrichen, die mit denen der anderen Gruppen identisch sind. Es sollen anhand der Antworten die verschiedenen Gebräuche und Traditionen der Individuen und Völker aufgezeigt werden und betont werden, dass man sich sowohl an die Tage des Glücks als auch die Tage der Trauer erinnern soll. Beim Gespräch über die verschiedenen Traditionen unterscheidet der Madrich/ die Madricha zwischen den Tagen nationaler Freude, so wie der Unabhängigkeitstag des Staates Israel und den Tagen nationaler Trauer, so wie „Tischa BeAw“, der an die Zerstörung des Tempels und den Verlust der Freiheit des jüdischen Volkes im Land Israel erinnert. Schließlich wird das Gespräch auf die Gebräuche an diesen Tagen gelenkt, wie z.B. das Fasten und auf die Absicht, die hinter solchen Traditionen steckt.
4. Stufe (Dauer ca. 20 min):
Der Madrich/ die Madricha übergibt den nachfolgenden Text (siehe Materialien) den verschiedenen Gruppen und überlässt es ihnen, ob sie ihn einzeln, in kleinen Gruppen oder alle zusammen lesen. Er bietet ihnen Hilfe bei unklaren Textstellen an:
Der 17. Tamuz markiert den Anfang einer Zeitspanne der Halbtrauer, die „Die drei Wochen der Trauer“ oder „Bejn Hamezarim“ (zwischen dem Elend)) genannt wird und an Tischa BeAw (9. Aw) endet. Der Name hat seinen Ursprung in dem Vers, der besagt: „Judah ist aufgrund des Leids und der großen Knechtschaft ins Exil gegangen; diese verharrt zwischen den Nationen, sie findet keine Ruhe, alle ihre Verfolger übernahmen sie inmitten ihrer Qual - Bejn Hamezarim (Klagelieder 1:3).
Aber die Wurzel des Begriffs „mezar“ bedeutet auch „eng, fest“ und der Midrasch (Echa Raba 1:29) erklärt, dass der Ausdruck „Bejn Hamezarim“ sich auf die 21 Tage der Angst und Trauer bezieht, die von zwei Daten, dem 17. Tamuz und dem 9. Aw begrenzt werden. Der Tag, an dem die Mauer der Heiligen Stadt das erste Mal zerstört wurde, der 17. Tamuz, ist ein Tag des Klagens und des Fastens im Jüdischen Kalender. Das Fasten beginnt mit Sonnenaufgang und endet mit der Dämmerung. Drei Wochen später fiel die Stadt Jerusalem und sein Heiliger Tempel wurde zerstört. Daher nennt man diesen Zeitraum „die drei Wochen der Trauer“.
Während dieser Zeitspanne musste das jüdische Volk über Generationen hinweg viel Leid ertragen und es war in dieser Zeit, dass beide Tempel zerstört wurden. Aus diesem Grunde haben sich diese Tage als eine Trauerzeit um die Heiligtümer Jerusalems etabliert. In dieser Periode finden keine Hochzeiten oder andere Feiern statt. Viele Leute verstärken dies noch, indem sie in den ersten neuen Tagen des Monats Aw kein Fleisch oder andere Delikatessen essen.
Der Talmud hat uns gelehrt: „Wenn der Monat Aw beginnt, verschwindet die Freude“ (Taanit 26).
Das Fasten des 9. Aw beginnt am Vorabend und endet in der Dämmerung. So wie auch an Jom Kippur arbeitet man an diesem Tag nicht und lernt auch nicht Torah. Nur die Klagelieder werden gelesen, welche Gedichte aus verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Autoren sind.
Im Anschluss sollen sich die Gruupen auch die Informationen durchlesen:
Was passierte am 17. Tamuz?
- Die ersten Gesetzestafeln wurden zerbrochen. Dies geschah als Moses vom Berg hinunterkam und die Sünde mit dem goldenen Kalb erblickte.
- Das Opfer, genannt „tamid“ wurde aus dem Gottesdienst im Tempel von Jerusalem entfernt, da die Priester in dem Bereich der Stadt, der ihnen vom Feind zugeteilt worden war, keine Schafe mehr finden konnten.
- Als der erste und zweite Tempel zerstört wurden, wurden auch die Mauern von Jerusalem heruntergerissen und der Feind fiel ein.
- Apostemus, der Böse, verbrannte die Torah (einige Gelehrte schreiben dies dem König Antijochus zu).
- Eine Götze wurde auf dem Platz des Bejt Hamigdasch (Heiliger Tempel) errichtet.
Was passierte am 9. Aw?
- Es wurde beschlossen, dass die Juden, die Ägypten verlassen hatten, das Land Israel niemals betreten würden, aufgrund des Tränenvergießens während der Sünde der Spione. G“tt sagte ihnen: „Ihr habt überflüssige Tränen vergossen, nun verhänge ich über euch das Schicksal des Tränenvergießens für viele Generationen.“
- Der erste Tempel wurde im Jahre 3338 (586 vor Chr.) zerstört.
- Der zweite Tempel wurde im Jahr 3828 (70 nach Chr.) zerstört.
- Die Stadt Betar wurde nach der Zerstörung des 2. Tempels erobert.
- Die Stadt Jerusalem wurde vom Kaiser Adrian nach der Zerstörung gestürzt.
Folgende Fragen werden nun in den Kleingruppen oder in der großen Gruppe beantwortet:
- Welchen Bezug haben die historischen Ereignisse, die bis jetzt genannt wurden, zu der Idee des Trauerns, Fastens und des Einschränkens?
- Was waren die Konsequenzen dieser Ereignisse für das jüdische Volk in nationaler und religiöser Hinsicht?
- Was waren die Konsequenzen dieser Ereignisse für das jüdische Volk in spiritueller Hinsicht?
5. Stufe (Dauer ca. 20 min):
Folgende Aufgabe wird wieder in den Kleingruppen bearbeitet:
Lies den folgenden Text von Prophet Zacharias und beantworte die Fragen.
„18. Und die Worte des G“ttes der Heerscharen kamen zu mir und sagten
19. So sagt der G“tt der Heerscharen: „Das Fasten des 4. Monats, und das Fasten des 5. Monats und das Fasten des 7. Monats und das Fasten des 10. Monats sollen Zeiten von Freude und Fröhlichkeit, von heiteren Festmahlen im Hause Judahs sein, daher liebt die Wahrheit und den Frieden.“ (Zacharias, Kapitel 8, 18-19)
Fragen:
- Was beabsichtigt dieser Text in Zusammenhang mit dem Geist des Volkes nach der Zerstörung des Tempels?
- Warum werden die Fastentage laut Prophet Zacharias Freudentage werden?
- Kannst du die Umformung der Fastentage in Freudentage mit der Tatsache, dass „Wahrheit und Frieden geliebt werden“, in Verbindung bringen? Binde in deine Antwort den Begriff „Moral“ ein.
Die Antworten der einzelnen Gruppen zu diesen Fragen werden danach mit der gesamten Gruppe besprochen.
6. Stufe (Dauer ca. 15 min):
Der Madrich/ die Madricha gibt den Kleingruppen folgende Anweisungen:
- Verbinde die Konzepte, die in den vorherigen Aktivitäten entwickelt wurden mit der folgenden Aussage: „Von der Kotel (Mauer) der Tränen zu der Kotel (Mauer) der Freude“
- Schreibe eine Aussage, die die Verschiebung von Tränen zur Freude ausdrückt unter Bezugnahme auf andere historische Momente in der jüdischen Geschichte oder der Gegenwart. Schreibe diese auf ein großes Plakat um es dem Rest der Gruppe zu präsentieren.
Abschluss (Dauer ca. 10 min):
Jede Gruppe präsentiert ihre Aussage der gesamten Gruppe. Der Madrich/ die Madricha nimmt dies zum Anlass, eine Gesprächsrunde zu den Aussagen zu eröffnen.
Anmerkung:
Die Aktivität kann so wie beschrieben durchgeführt werden, wenn die Teilnehmenden bereits ein gewisses Maß an Wissen über die oben beschriebenen Themen haben. Falls dies nicht so ist, muss der Madrich/ die Madricha einige Zeit einplanen, um den Teilnehmenden das nötige Hintergrundwissen z.B. über die historischen Ereignisse zu verschaffen.
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