Ich bin frei!

Peuloth

Ich bin frei!

Dauer
Dauer
60min
Group Size
Gruppengröße
10-30
Zielgruppen
6-11 Jahre
Ziel

Die Chanichim:ot verstehen, dass wahre Freiheit nicht bedeutet, alles zu tun, worauf man Lust hat und keine Grenzen zu kennen. Wahre Freiheit bedeutet Selbstkontrolle in einer Weise, die unsere Seele und unseren Geist befreien. Diese Peula passt gut in die Zeit vor Pessach, an dem das Jüdische Volk seine Befreiung aus der Sklaverei feiert.

Benötigte Materialien

Plakate mit den Namen der 4 Charaktere

Stell dir vor, du hast eine Tafel Schokolade vor dir liegen und weißt genau: Es ist schlecht für dich, davon zu essen. Du kannst deine Gier aber nicht beherrschen und isst die Tafel auf. Bist du dann ein freier Mensch? Nein, du bist Sklave deiner Wünsche, die dein Verhalten kontrollieren. 

 

Wähle 4 Chanichim aus, die folgende Charaktere darstellen sollen und gib jedem von ihnen ein Plakat mit dem Namen des Charakters.

  1. Hallo, ich bin Zach und ich bin der freieste Mensch auf der Welt! Weißt du warum? Weil ich genau weiß, was ich will. Ich will bis 2 Uhr mittags schlafen und das tu ich auch. Wenn ich Bock habe, 10 Videos am Tag zu gucken, dann mach ich das einfach. Ich bestimme, was ich tue, keinen interessiert’s was ich mache, und mir ist auch egal, was die anderen sagen. Ich bin mein eigener Chef! 
  2. Hi. Mein Name ist Sam und ich sitze seit 10 Jahren im Gefängnis. Ich habe lebenslänglich bekommen, und zwar weil ich die ungerechten Machtsysteme in meinem Land bekämpft habe. Den Hauptteil des Tages verbringe ich allein in meiner Zelle, isoliert und unter stetiger Beobachtung der Wärter. Ich habe Zeit zum lesen und Pläne zu schmieden. Nein, das ist nicht das Leben von dem ich geträumt habe, aber ich bedauere nichts, was ich getan habe. Jetzt kann ich zurückblicken und sicher sein, dass ich alles unternommen habe, was in meiner Macht stand, um diese Welt und mein Land zu einem besseren Ort zu machen. 
  3. Schalom! Mein Name ist Ahron und ich wohne in Me’a-She’arim – einem sehr religiösen Stadtviertel in Jeruschalaim. Ich führe mein Leben im Geiste der Thora – ich wache sehr früh morgens auf, gehe in meine Yeshiva – lerne den ganzen Tag Thora und bete dreimal am Tag. Ich finde es wunderbar, meinen Glauben jeden Moment am Tag auszuleben und ich spüre, dass das der richtige Weg ist. Ich bin eine freier Mann! 
  4. Hi, ich bin Jeff und ich habe alles, von dem ein Mensch nur träumen kann. Mit meinem Geld kann ich mir alles kaufen, und keiner kann mir „nein“ sagen. Ich wohne in einem super Haus – das größte, das ihr euch vorstellen könnt. Ich habe einen Innen- und einen Außenpool, das neuste Nintendo Wii, alle Videospiele, die es auf dem Markt gibt und das letzte i-phone. Ich habe um mein Haus herum eine hohe Mauer gebaut und lauter bewaffnete Sicherheitsleute stehen herum, die niemanden hereinlassen. Ich bin ein freier Mann! 

 

Nachdem jeder der Charaktere sich vorgestellt hat, bitte die Kinder sich zu überlegen, ob sie selbst frei sind. 

Klebe die Plakate mit den Namen der Charaktere in die 4 Ecken des Raumes und bitte jedes Kind, sich in die Ecke dieses Charakters zu stellen, der ihrer Meinung nach der „freieste“ ist. 

Führe eine kurze Diskussion mit den Kindern. Sie sollen erklären, warum der von ihnen gewählte Charakter frei ist. 

 

Erzähle die Geschichte von Nathan Sharansky als Beispiel für „Assirey Zion“: 

Nathan Sharansky ist ein Jude, der heute in Israel lebt. Vor ungefähr 20 Jahren wurde er zuerst ins Gefängnis gesteckt und dann für 8 Jahre nach Sibirien geschickt. Sein Vergehen war sein Wunsch, nach Israel auszuwandern, Hebräisch zu lernen und zu unterrichten. (Zu dieser Zeit war Russland noch die UDSSR und ließ seine Bürger nicht ausreisen). Er saß unter unmenschlichen Bedingungen im Gefängnis und ließ sich von niemandem beeinflussen. Er bestand darauf, frei im Geiste zu bleiben. Nachdem er viele Jahre gekämpft hatte, wurde er zuletzt „frei“-gelassen. Er wurde mit einem amerikanischen Spion ausgetauscht. Am Tag des Austauschs - nach so vielen Jahren - schritt er auf seine Frau und seine Tochter zu - und plötzlich blieb er stehen. Er legte sich vor allen Kameras in den Schnee und weigerte sich weiterzugehen, bis die Russen ihm sein Tehillim-Buch, das sie ihm bei seiner Verhaftung weggenommen hatten, zurückgaben. Nach ein paar Minuten – als er sein Tehillim-Buch zurückbekommen hatte – befahlen ihm die Russen sofort auf die andere Seite zu gehen. Sharansky stand auf und ging absichtlich im Zickzack auf die andere Seite, um den Russen zu zeigen, dass sie ihm nichts vorschreiben können. Jetzt ist er ein freier Mann und Politiker in Israel. 

 

Wenn man diese Peula im Zusammenhang mit Pessach halten will, kann man folgende Geschichte erzählen:

Der süße Geschmack von Freiheit 

Sie hatten Michael Stravinsky ausgesucht von Vladimir Petrov, dem diensthabenden russischen Offizier im Lager, Mehl zu erbitten, um Mazza zu backen. Die jüdischen Insassen des Arbeitslagers wussten, dass es extrem gefährlich war, so eine Bitte überhaupt zu äußern. Aber gleichzeitig wussten sie, dass allein der Gedanke, zusammen mit allen Juden auf der Welt, am Sederabend Mazza zu essen, das größte Freiheitsgefühl bedeutet. 

Michael war des Staatsverrats angeklagt und dafür, dass er sowjetische Geheimnisse an Israel weitergegeben hatte. Dafür hatte er 25 Jahre Zwangsarbeit in einem sibirischen Arbeitslager bekommen. Er wurde von seiner Familie und seinen Freunden getrennt und es ist ihm nur einmal im Jahr für zwei Stunden erlaubt, mit ihnen zu sprechen. 

Sein eigentliches Verbrechen war, dass er jüdische Geschichte und Hebräisch in einem vollen Saal mit jüdischen Jugendlichen unterrichtet hatte, die danach hungerten, alles zu erfahren, was sie mit ihrem Volk verbindet. 

 

Also begab sich Michael, der Sprecher der Juden, mit einem geschriebenen Antrag für die Erlaubnis an Pessach Mazzot zu backen zum Verwalter des Zwangslagers. Petrov sagte grinsend: „Ich werde eure Bitte an die Zentralverwaltung des KGB weiterleiten, und wir werden das tun, was der KGB entscheidet.“

 

Tage vergingen und es kam keine Antwort aus Moskau. Einige in der Gruppe waren überzeugt davon, dass sie einen großen Fehler gemacht hatten und dass sie jetzt noch schlechtere Bedingungen bekommen würden. P

 

essach war jetzt nur noch einige Tage entfernt, und immer noch keine Amtwort aus Moskau. Alle in der Gruppe außer Michael hatten schon die Hoffnung aufgegeben und warteten nervös auf die Verschlechterungen ihrer Bedingungen. 

 

Als Michael gerade einige Reparaturarbeiten im Labor der Zwangslagers ausführte, rief ihn plötzlich der Aufseher: „Stravinsky, sofort ins Büro!“ Michael rutschte das Herz in die Hose. Er konnte sich vorstellen, worum es ging. 

 

In Erwartung der schlimmste Strafe überhaupt, nämlich Einzelhaft in einer winzigen Zelle während des gesamten Pessachfests, klopfte Michael an die Tür. 

 

Drinnen wartete Petrov schon auf ihn, und drückte ihm wortlos ein Dokument in die Hand. „Deinem Antrag auf Mazza-Backen ist stattgegeben worden“, verkündete Petrov und fügte hinzu: „Wir sind genau so überrascht wie du, Stravisnky. Ich werden den Befehl geben, dass du und deine Gruppe Backsteine bekommt, um euren Ofen zu bauen. Die Mehlration wird von eurer Essensration in den nächsten sieben Tagen abgezogen.“ 

 

Also begannen sie, in fieberhafter Eile den Ofen zu bauen, denn sie hatten Angst, dass die Erlaubnis wieder zurückgezogen würde. Aus den mageren Mehlrationen wurden Mazzot gebacken. Zu der Gruppe kamen nun auch andere jüdische Lagerinsassen hinzu, die von dem Gedanken, an Pessach Mazzot zu essen, fasziniert waren. Für manche von ihnen war es das erste Pessachfest überhaupt. Obwohl die unförmigen, angebrannten Mazzot nicht zu vergleichen waren, mit den Mazzot, die früher aus Israel ins Land geschmuggelt wurden, waren diese Mazzot für die jüdischen Häftlinge der süßeste Geschmack von Freiheit. 

 

Die Sedernacht war da und eine geheime Ecke für den Seder wurde im Lager ausgesucht. Sie befand sich zwischen zwei Hütten. Eine Holzplanke diente als Tisch, und die Juden breiteten ihre Decken auf dem Boden aus und setzten sich darauf. Eine alter zerbrochener Topf diente als traditioneller Sederteller, einen verbrannten Knochen, ein Ei, Charosset und Maror gab es nicht, nur eine gekochte Kartoffel, die einer der Juden beim Mittagessen entwendet hatte. 

 

Während des Seders sang Michael die einzige Sedermelodie, die er kannte, und Freudentränen rannten ihm übers Gesicht. „Ma nishtana halajla hase mikol halejlot?“ - „Warum ist diese Nacht anders als alle anderen Nächte?“ 

 

Michael wusste, warum diese Nacht anders war, und er würde sich bis ans Ende seiner Tage an diese Nacht erinnern. Genau in diesem Moment, als die ausgemergelten Gefangenen rund um den symbolischen Sedertisch in der Kälte zitterten, fühlte er sich, als habe G’tt sie erlöst und zu freien Männern gemacht!

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Input für die Madrichim:ot:

Pessach, das Fest der Freiheit, verbindet uns mit unserem eigenen Streben nach persönlicher Freiheit. Es erinnert uns daran, dass G’tt uns als Nation von unseren Peinigern befreit hat, immer wieder in der jüdischen Geschichte. Indem wir das Fest feiern, verbünden wir uns nicht nur mit anderen Juden, die in der Gegenwart leben, sondern stärken auch die Verbindung mit Juden in vergangenen Zeiten. 

 

Unter dem kommunistischen Regime war es den Juden hinter dem Eisernen Vorhang verboten, jüdische Inhalte zu lernen oder zu lehren, oder ihr Judentum in irgendeiner Weise auszuleben. Wenn sie gefasst wurden, wurden sie vom KGB verhört und unter falschem Verdacht der Spionage, des Verrat und illegaler Zusammenkunft für lange Zeit ins Gefängnis gesperrt.

Aber der jüdische Funke in einem Menschen kann niemals vollkommen ausgelöscht werden. Das kommunistische Regime versuchte die Juden ihrer Identität zu berauben, aber sie erreichten genau das Gegenteil. Die Juden hinter dem Eisernen Vorhang waren bereit, ihr Leben zu riskieren, um jüdische Traditionen zu lernen und auszuüben. 

In der Nacht von Pessach, als die Lagerinsassen in Sibirien ihre Mazza aßen, erlebten sie einen Moment echter innerer Freiheit. Indem sie sich an die Bräuche, die die Juden seit 3.000 Jahren ausübten, klammerten, loderte ihre innere Flamme, die ihnen dabei half, die Torturen im Arbeitslager zu ertragen

 

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