Was passierte am 9. Aw?
- Es wurde über unsere Väter verhängt, dass sie nicht ins Land Israel einziehen dürfen (Siehe 4. Buch Moses, Kap. 13 und 14)
- Das Bet Hamikdasch (der Tempel) wurde zum ersten Mal zerstört (von den Babyloniern unter Nebukadnezar 586 v.u.Z.)
- Das Bet Hamikdasch wurde zum zweiten Mal zerstört (von den Römern unter Titus 70 n.u.Z.)
- Bejthar wurde erobert (und damit der Aufstand gegen die Römer unter Bar Kochba niedergeschlagen. Unzählige jüdische Männer, Frauen und Kinder wurden von Römern ermordet 135 n.u.Z.)
Tischa BeAw in der „neueren“ Geschichte
9. Aw 5144 (06.07.1384): Gemetzel von Tarrega, Katalonien
Auftakt zur Brunnenvergiftung – Verleumdung
Zwischen den Jahren 1347 und 1350 wütete eine Seuche, die „schwarze Pest“, in Europa und kostete viele Menschen den Tod. Eine ungeheure Verleumdung, dass die Juden die Brunnen vergiftet hätten, breitete sich in Katalonien (Nordspanien) aus. Am 9. Aw wurden mehr als 300 Juden der Gemeinde von Tarrega ermordet, die Überlebenden wurden von Hab und Gut beraubt. Von Spanien wurde die Verleumdung nach Savoyen und bald darauf in die Schweiz verbreitet. Dann griff mit der Seuche die Beschuldigung nach Deutschland über. Durch grausame Marter wurden Vergiftungs-„Geständnisse“ erpresst.
Überall in Savoyen, der Schweiz (Aargau, Bern, Zürich, Basel) und Deutschland wurden Juden und Jüdinnen ermordet und geplündert, zum Scheiterhaufen oder aufs Schafott gebracht.
In Deutschland wurden mehr als 300 Gemeinden völlig zerstört.
Neben den Kreuzzügen und dem 3. Reich waren diese Verfolgungen die schwersten, die die jüdischen Menschen Europas befielen.
9. Aw 5252 (02.08.1492): Vertreibung der Juden und Jüdinnen aus Spanien
Seit der Zerstörung des Tempels lebten jüdische Menschen auf der Iberischen Halbinsel. Am 31. März 1492 veröffentlichte Ferdinand das Judenvertreibungsedikt – alle Juden und Jüdinnen Spaniens sollten sich innerhalb von drei Monaten taufen lassen oder das Land verlassen. Nur wenige fielen der Versuchung der Taufe zum Opfer. Die jüdischen Menschen waren gezwungen, ihren Besitz zu verschleudern; was sie zurückließen, behielt der Staat. Das Schicksal der Vertriebenen – Hungersnot und Krankheit, Seeräuber und Mörder, Asylverweigerung in vielen Ländern – war vorauszusehen. Diese Geschichten gehören zu den schlimmsten Erlebnissen des sephardischen Judentums.
An Tischa beAw gingen sie auf Boote und über die Grenze nach Portugal auf der ersten Etappe ihres Martyriums. Die Rabbanim befahlen, dass man trotz Tischa beAw Marschmusik spiele – zu Ehren ihres Messirut Nefesch (Aufopferungsbereitschaft).
9. Aw 5674 (01.08.1914): Deutschlands Mobilmachung und Kriegserklärung an Russland
Ausbruch des 1. Weltkrieges!
Der Nationalsozialismus in Deutschland und der Kommunismus in Russland, die zwei Autoren des Churban Europa (der Zerstörung des europäischen Judentums, die Shoa) waren direkte Folgen und Fortsetzung des Unheils des Krieges.
Mit dem Eintritt des Monats Aw reduzierte man in Sachen Simcha (Fröhlichkeit, Freude, Feste).
Was ist an Tischa beAw wegen Inui (Fasten) verboten?
In der Woche vor Tischa beAw ist das Haarschneiden und das Wäschewaschen verboten (bis zum 10. Aw nachmittags, so wie während einer Schiwa).
Am Vorabend von Tischa beAw darf man bei der letzten Mahlzeit nicht zwei gekochte Gerichte essen und weder Fleisch essen noch Wein trinken.
Mischnah – Ta’anit Kap. 4; 6, 7
Alle Inuim (die aufgrund von Inui verbotenen Dinge) gelten von Sonnenuntergang am Vorabend des 9. Aw bis zum Eintritt der Nacht am Ende des 9. Aw.
- Essen und Trinken.
- Gehen mit Lederschuhen.
- Sich waschen. Sogar das Gesicht darf man morgens nicht waschen. Nach dem Toilettengang soll man nur seine Finger waschen.
- Sich cremen oder salben.
- Der eheliche Verkehr (sogar am Schabbat, wenn der 9. Aw auf Schabbat fällt).
Was ist an Tischa beAw wegen Awelut (Trauer) verboten?
- Tora oder Talmud lernen – nur Ejcha, Ijow (Hiob) und die traurigen Stellen in Jirmijahu sind erlaubt. Vom Talmud sind nur die Stellen über die Zerstörung des Tempels und Trauervorschriften erlaubt.
- Das Grüßen (wird man von jemandem gegrüßt, so antwortet man mit gedämpfter Stimme).
- Frische Kleider anziehen.
- Das Spazieren gehen oder sonstige Ablenkung vom Inhalt des Tages.
- Das Arbeiten – bis zur Mitte des Tages (Sonnenaufgang bis Untergang) ist verboten. Nachmittags ist das Arbeiten erlaubt.
- Zu Schacharit legt man nicht Tefillin an – dagegen legt man sie dann zu Mincha.
- Manche schlafen auf dem Boden mit einem Stein als Kissen, andere mit weniger Kissen wie gewohnt.
- Tischa beAw abends und am Tag bis zur Mitte des Tages sitzt man tief wie bei einer Schiwa, d.h. auf dem Boden oder auf einem niedrigen Gegenstand.
- Abends wird die Megilat Ejcha (das Klagelied der Bibel) gelesen – am Tag werden Kinoth (Trauergedichte) gesagt.
- Man vermindere so viel wie nur möglich seinen Genuss.
An Tischa beAw muss man fühlen, bedauern, sich bewusst sein dessen, was einem fehlt, was Am Jisrael fehlt, was der Welt fehlt. Trauern um das, was sein könnte und nicht ist!
Jeder, der um Jeruschalajim trauert, wird auch den Wiederaufbau sehen!
Der, der nicht um Jeruschalajim trauert, wird dies nicht erleben!!